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Von Grün bis hin zur Kultur

Estlands gefeierte (Haupt-)städte

Während sich die estnische Hauptstadt Tallinn bald von ihrem heurigen Status als GREEN CAPITAL Europas verabschiedet, laufen in der zweitgrößten Stadt Tartu, der Studenten- und KulturMetropole Estlands, die Vorbereitungen für das kommende Jahr als Europäische Kulturhauptstadt – TARTU 2024 – bereits auf Hochtouren.

Beim Gedanken an Estland erscheint im Kopf sofort ein grünes Bild– man denkt an den Naturreichtum des nordischen Landes, an die vielfältige Flora und Fauna. Zwei Drittel des Territoriums sind ja mit Wald bedeckt und daher begeben sich die Esten selbst gerne in die Natur, besuchen Moore, sammeln Pilze oder aber feiern und tanzen in den grünen Wäldern und Wiesen. Auch die Städte spielen dabei mehr und mehr eine wichtige und nachhaltige Rolle, allen voran die Hauptstadt Tallinn mit ihrem Status als UNESCO-Kulturererbe einerseits, und mit modernen Vierteln und vielen ausgedehnten Grünzonen andererseits.

 

TALLINN – Green Capital 2023

Im Jahr 2023 wurde den steten Bemühungen um Natur und Nachhaltigkeit Rechnung getragen und die Stadt daher mit dem, jährlich von der Europäischen Kommission verliehenem Titel der Umwelthauptstadt Europas, der sogenannten Green Capital, ausgezeichnet. Diese Anerkennung würdigt Städte, die es schaffen, lokale Maßnahmen für eine nachhaltigere Zukunft zu kreieren und den Umweltschutz und wirtschaftliches Wachstum so zu verbinden, dass diese auch zu einer verbesserten Lebensqualität ihrer Einwohner führt. Die Bürger sollen zudem aktiv in den Wandel miteinbezogen werden.

Schon lange zeigte Tallinn sein Engagement für die Anpassung an den Klimawandel mit zahlreichen Aktivitäten und hat auch die Entwicklungsstrategie „Tallinn 2035“ ausgerufen. Der Plan befasst sich mit CO2-Neutralität, Klimaanpassung, Innovation, Gesundheit, Mobilität, Biodiversität, Kreislaufwirtschaft, nachhaltiger Energie und Nahrungsmittelproduktion. Diese Maßnahmen sind auch mit den UN-Zielen für nachhaltige Entwicklung kompatibel.

Auch die urbane Mobilität gilt als wichtiges Thema – so war Tallinn etwa die erste europäische Hauptstadt, die ihren Einwohnern – bereits seit 2013 - kostenlose öffentliche Verkehrsmittel zur Verfügung. Ihre Bürger sollen zudem alle wichtigen Infrastrukturpunkte innerhalb von 15 Minuten so erreichen können.

Grundsätzlich wurden viele Flag-ship-Projekte des Green-Capital- Jahres nicht als einmalig, sondern vielmehr als nachhaltige Aktionen angelegt, deren Wirkung lange anhalten oder sich etwa überhaupt in einigen Jahren erst voll entfalten sollte. https://greentallinn.eu/en/flagship-projects/

Erst vor kurzem fand beispielsweise ein Bürgerbeteiligungsprozess statt, der 60 Bürger – Experten und Interessensgruppen - versammelte, die in einem gemeinschaftlichen Prozess die Frage "Wie können die Grünflächen Tallinns zu einem stadtweiten, einladenden Ganzen verbunden werden?" diskutierte und schlussendlich der Stadtverwaltung 39 Vorschläge dazu vorlegte. https://greentallinn.eu/flag-projects/citizensassembly-for-a-green-capital/

Auch die Erstellung eines Katalogs für biologisch lebendige Landschaftsgestaltung soll alle Bürger ansprechen: in der Auflistung sind fast 900 Pflanzen, die sich sowohl für Grünflächen als auch für Gärten eignen, ebenso wie ihre Wirkung auf Bestäuber und Insekten, erfasst.. So soll jedem Gartengestalter bei der Auswahl „seiner“ Pflanzen geholfen werden, sei es für Garten oder für öffentliche Räume. Hier geht es nicht nur um schöneres Grün fürs Auge, sondern auch um ein bestäuberfreundlicheres Angebot von Frühjahr bis Herbst, um die fehlenden Lebensräume von Insekten zu erweitern. https://greentallinn.eu/flag-projects/catalogue-of-bio-rich-landscaping/

Dem Status Estlands als Land der Moore wird in diesen Projekten ebenfalls Rechnung getragen. Wer interessante Grünlandschaft und Bewegung in der Natur kombinieren will, so wie es die Esten selbst regelmäßig tun, begibt sich in ein Moorgebiet und durchstreift auf gut angelegten Holzstegen die besonderen Landschaften. Das Pääsküla-Moor liegt sogar in der estnischen Hauptstadt, nur 30 Minuten vom Stadt-zentrum entfernt, und wartet mit Wanderwegen und Aussichtsturm auf. Diese grüne Lunge Tallinns gilt als Heimat von etwa 300 Pflanzen-, 140 Vogel- und 17 Libellenarten. Im Jahr 2013 unter Schutz gestellt, ist das Moor im Laufe der Jahrzehnte jedoch ausgetrocknet und nun müssen die einst zur Entwässerung angelegten Gräben mit Dämmen wieder geschlossen werden. Um das beliebte Naherholungsgebiet dabei nicht zu sehr zu beeinträchtigen, wird, mittels integrativem Prozess mit verschiedenen Interessensgruppen, an der Wiederherstellung des Moores gearbeitet. https://greentallinn.eu/en/flag-projects/a-unique-swamp-in-the-capital-of-the-world-awaits-restoration/

Auch Genuss und trendige Restaurants stehen in Tallinn seit Jahren auf der Speisekarte vieler Stadtentdecker. Hier gab es ebenso viele Prozesse der Verbesserung im Rahmen des GREEN CAPITAL-Jahres. Es wurden etwa Umweltkriterien für Lebensmittel in Restaurants entwickelt, in deren Folge grüne Labels für Speisen vergeben wurden, die mindestens eines der folgenden Kriterien erfüllen: veganes oder Bio-Lebensmittel, Fleisch von grasgefütterten oder wilden einheimischen Tieren oder nachhaltiger lokaler Fisch. Ziel ist es, der Bedeutung von umweltfreundlichen Entscheidungen in der Esskultur mehr Aufmerksamkeit zu schenken und auf ein faires und gesundes Lebensmittelsystem hinzuweisen. Bereits mehr als 20 Lokale in Tallinn sind dabei und sind somit Teil der europäischen "Farm to Plate"-Strategie. So soll der Einsatz von Pflanzenschutz-, Düngemitteln und Antibiotika reduziert und die Flächen für den ökologischen Anbau vergrößert, Lebensmittel nachhaltiger konsumiert und Lebensmittelverschwendung reduziert werden. https://greentallinn.eu/en/flagprojects/environmental-criteria-for-restaurant-food/

Auch der renommierte Guide Michelin hat, nebst anderen Sternen und Auszeichnungen, die sogenannten Grünen Michelin-Sterne an Restaurants verliehen, die besonders für Nachhaltigkeit und gutes Umweltmanagement stehen. Damit wurde in Tallinn das Fotografiska, einer der Top-Betriebe im Kreativ-Viertel Telliviski, gekrönt. https://www.visitestonia.com/de/uber-estland/die-besten-restaurants-estlands-laut-guide-michelin

 

TARTU- Kultur- Hauptstadt 2024

Nur zweieinhalb Fahrt-Stunden südlich von Tallinn wartet die charmante Stadt Tartu und übernimmt 2024 auch eine Hauptstadtrolle: die der Europäischen Kulturhauptstadt 2024! Neben Bad Ischl und Bodø in Norwegen geht die zweitgrößte Stadt des Landes zusammen mit der Region Südestland an den Start und wird ein vielfältiges Kulturprogramm für Groß und Klein ausrollen.

Der 100.000-Einwohner-Ort beeindruckt mit reichem historischen und kulturellem Erbe, wie etwa der ältesten Universität Nordeuropas aus 1632 und dem Domhügel mit Ruinen der Alten Kathedrale aus dem 13.Jahrhundert. Diverse Gebäude erinnern an unterschiedliche Epochen, wie etwa die der Schweden oder der Deutsch-Balten. Die kompakte Stadt, wo vieles bequem zu Fuß, per Rad oder öffentlich erreichbar ist, birgt große Grünflächen, schöne Hotels, Spas, Restaurants und Bars und überrascht mit studentischem und künstlerischem Flair in KreativVierteln, mit Designern und Street Art. Vor allem der Rathausplatz dient ganzjährig als Treffpunkt, sei es zum Weihnachtsmarkt, als Ausgangspunkt fürs rege Nachtleben, oder für einen Abstecher zu den Promenaden und Cafés entlang des Emajõgi, des sogenannten Mutterflusses, auf dem man auch gemütliche Bootstouren machen kann. Tartu´s Sehenswürdigkeiten, wie etwa das schiefe Haus, das architektonisch und vom Konzept her großartige Nationalmuseum, oder aber auch eine Statue zweier sich küssender Studenten im Zentrum werden im Kulturhauptstadtjahr mit Veranstaltungen bespielt: so ist etwa ein großes Kuss-Event, das auch im Buch der Rekorde landen soll, geplant. https://www.visitestonia.com/de/urlaubsziele/sudestland/tartu

Die gesamte Region mit rund 260.000 Einwohnern besticht mit ihren vielfältigen Traditionen, mit fünf Sprachen und einigen UNESCO-gekürten Highlights. Hier findet man die traditionelle Rauchsauna ebenso wie Dörfer der Gruppe der sogenannten „Altgläubigen“ mit russischen Wurzeln. Sogar ein Königreich wartet: die Volksgruppe der Setukesen, bekannt für ihren einzigartigen Leelo-Gesang, wählt jährlich ihren königlichen Repräsentanten. Die großartige Landschaft mit sanften Hügeln, mystischen Wäldern, gewundenen Wasserläufen und dem flachen Peipus-See, dem fünft.größten in Europa, lockt zu Entdeckungen beim Wandern, Kayaken oder aber beim (Eis)Fischen und vielem mehr. Sogar der höchste Gipfel des Baltikums, der Große Eier-Hügel, wartet hier: mit 318m! https://www.visitestonia.com/de/urlaubsziele/sudestland

2024 präsentiert sich Tartu daher gemeinsam mit 19 Gemeinden Südestlands als Kulturhauptstadt (nach Tallinn, das diese Rolle 2011 innehatte) und vermittelt die Einzigartigkeit des Südens. Am 26. Jänner 2024 wird der Veranstaltungsreigen eröffnet und das ganze Jahr über wird die Region mit Events bespielt.

Die Bereiche Wissen, Fähigkeiten und Werte sollen optimal verknüpft und dabei nicht nur Kultur vermittelt, sondern auch von der Kultur der anderen gelernt werden. Einzigartigkeit, Nachhaltigkeit, Kreativität und der Umweltaspekt spielen eine führende Rolle: die über 1.000 Events werden nachhaltig und umweltfreundlich abgehalten. Den Rahmen stellt das Gesamt-Konzept namens Kunst des Überlebens, das auf vier Ebenen fungiert: die Programmpunkte verbinden Tartu mit der Erde, der Menschheit, mit Europa und dem Universum.

 

TARTU und die ERDE

Die größte Herausforderung des Jahrhunderts ist der Klimawandel und die Wiederherstellung der biologischen Vielfalt. Denk- und Lebensstilmuster lassen sich nicht so leicht ändern, doch Kunst kann die Menschen erziehen, provozieren und inspirieren, um mehr in Einklang mit der Natur zu kommen. Die Stärke von Traditionen (Anbau eigener Lebensmittel, Wiederverwertung, Reparatur, etc.) soll hier aufgezeigt, und ebenso Brücken zwischen Online-Generationen und Folklore gebaut werden. Tartu und die Erde lehrt die Menschen umweltfreundlicheres Handeln - im Alltag, beim Anlegen und Pflegen von Häusern und Gärten, bei der Wahl von Lebensmitteln und Kleidung und bei vielem mehr - vermittelt und inspiriert durch die Kunst.

 

TARTU und die MENSCHLICHKEIT

Diese Programmschiene zielt darauf ab, das Vertrauen und die Sicherheit in menschliche Nähe und intime Kontakte durch generationenübergreifendes Lernen, gemeinsames Gestalten und gegenseitiges Verständnis wieder-herzustellen. Die Projekte umfassen das Erlernen neuer und alter Fertigkeiten sowie die Stärkung der zwischen-menschlichen und sozialen Fähigkeiten durch Theater, Musik und Kunst. Dabei werden auch Stimmen von Menschen, die in der Gesellschaft oft ungehört bleiben, verstärkt und aus dem Schatten gehoben. Zurückgewiesene Jugendliche, schwer traumatisierte Flüchtlinge, Menschen mit besonderen Bedürfnissen, ältere Mitbürger und Außenseiter werden so zu Mitgestaltern der Kulturhauptstadt.

 

TARTU und EUROPA

Auf der politischen Landkarte befindet sich Estland am Rande der Europäischen Union, und das könnte ein Gefühl der Ausgrenzung vermitteln. Mit Kunst jedoch will man das Herz Europas erreichen und sucht nach Wegen, um die europäische Dimension von Tartu 2024 in das Bewusstsein aller zu bringen und aufzuzeigen, dass das nordische Land mit seinen lokalen Sprachen und Bräuchen Teil der europäischen Vielfalt ist, denn in der Kunst wie auch in der Wissenschaft gibt es Werte und Erfahrungen, die mit Europa und darüber hinaus geteilt werden können. Auch Stimmen, Sorgen und Wünsche der Menschen vor Ort als auch europäischer Intellektueller und Künstler sollen dabei gehört werden, um gemeinsame Lösungen zu finden. Menschen, die aus dem Rest der Welt kamen, und nun an europäische Werte anpassen müssen, werden ebenfalls integriert. Ihre Künste und Traditionen werden in Estland bewahrt, aber auch erneuert, indem sie in Dialog mit den spezifischen lokalen Bräuchen treten.

 

TARTU und das UNIVERSUM

Diese Programmlinie sucht und erweitert die Gemeinsamkeiten von Geistes- und Naturwissenschaften, die sich besonders in Krisenzeiten oft voneinander distanzieren. Große Fragen der Menschheit, des Planeten und der Zukunft sollen behandelt, aber ebenso die Gefahren der raschen Veränderungen des menschlichen Bewusstseins und die Schwierigkeit, menschlich zu bleiben, aufgezeigt werden. Von Manipulation in der Gentechnologie bis hin zur künstlichen Intelligenz gibt es (menschliche) Bemühungen, tiefer, höher und weiter voranzugehen, aber ohne kulturelle Bewertung und Kritik könnte dies dazu führen, dass die Menschen selbst irgendwann aus diesem Teil der Welt verdrängt werden. Daher sollen Künste und Wissenschaften vereint werden, um einerseits nach den Sternen zu streben als auch andererseits in den menschlichen Körper und Geist zu blicken und die Menschen nach ihren Zukunftsperspektiven zu befragen und diese bestmöglich in die Prozesse zu integrieren, um das Universum auch für kommende Generationen attraktiv zu halten. https://www.visitestonia.com/de/uber-estland/tartu-2024-europaische-kulturhauptstadt https://tartu2024.ee/programm/

 

 

Text: AVIAREPS Ges.m.b.H. c/o Visit Estonia
Bild: ©Visit Estonia / Kaupo Kalda

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